Geldstrafe

Die Geldstrafe

Informationen zur Geldstrafe – Wann kann Geldstrafe verhängt werden und wie berechnet sie sich?

Das deutsche Strafrecht sieht neben der Freiheitsstrafe die Geldstrafe als Hauptstrafe vor. Ein Angeklagter in einem Strafprozess kann zu einer Geldstrafe verurteilt werden, wenn die Straftat, gegen die er verstoßen hat, die Geldstrafe als Sanktion vorsieht und wenn das Gericht von seiner Schuld überzeugt ist.

Während landläufig meist von einer bestimmten Summe, zu der ein Angeklagter verurteilt wird, gesprochen wird (etwa: „Betrüger muss 2.700 Euro Geldstrafe zahlen“), wird die Geldstrafe gemäß § 40 Absatz 1 StGB (Strafgesetzbuch) in Tagessätzen verhängt. Das Gericht kann zwischen 5 und 360 Tagessätze verhängen. Bei der Bildung einer Gesamtstrafe für mehrere Delikte können bis zu 720 Tagessätze verhängt werden.

Geldstrafe Tagessätze: Verhängung der Geldstrafe in Tagessätzen

Dieses System der Tagessätze soll es dem Gericht ermöglichen, eine möglichst gerechte, Tat und Täter angemessene Strafe zu finden. Durch die Bemessung der Geldstrafe in Tagessätzen können zum einen vergleichbare Taten mit einer vergleichbaren – d.h. der gleichen Zahl an Tagessätzen – Geldstrafe sanktioniert werden. Zugleich kann die wirtschaftliche Situation des Angeklagten berücksichtigt werden.

Die Tagessatzhöhe bei der Geldstrafe

Eine Geldstrafe wird in Tagessätzen bemessen, um eine Tat und Täter angemessene Strafe zu finden.

Denn die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht gemäß § 40 Absatz 2 StGB „unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters“. Wird ein finanzschwacher Angeklagter ohne Vermögen und mit geringem Einkommen beispielsweise für einen Diebstahl verurteilt, so wird er zu gleich vielen Tagessätzen wie sein reicher Mittäter verurteilt. Durch die geringere Bemessung des Tagessatzes wird der Angeklagte jedoch individuell vergleichbar durch die Strafe getroffen wie der reichere Angeklagte – auch wenn die Summe der Geldstrafe am Ende bei gleicher Anzahl der Tagessätze erheblich geringer ist.

Das Gericht hat bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe einen sehr weiten Spielraum, der gemäß § 40 Absatz 2 StGB von mindestens einem bis zu dreißigtausend Euro pro Tagessatz reicht.

Tagessatz der Geldstrafe entspricht Dreißigstel des Nettomonatseinkommens

Dabei hat das Gericht in der Regel von dem Nettoeinkommen auszugehen, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Maßgeblich ist demnach das monatliche Nettoeinkommen des Täters, das für die Ermittlung des Tagessatzes durch dreißig geteilt wird.

Bei einem Nettoeinkommen von 1.500 Euro beträgt deshalb der Tagessatz in der Regel 50 Euro.

Tagessatzhöhe der Geldstrafe bei Bezug von Hartz IV

Nach dieser Methode wird grundsätzlich auch die Tagessatzhöhe für Bezieher von Hartz IV (Arbeitslosengeld II) oder Sozialgeld berechnet. Allerdings gibt es kritische Stimmen, die die Auffassung vertreten, dass die Anwendung dieser Tagessatzberechnung Hartz-IV-Empfänger benachteilige, da ihnen dann nicht mehr genug Einkommen zur Sicherung des Existenzminimums verbleibe, so dass sie durch eine Geldstrafe härter getroffen werden als Menschen mit höherem Einkommen. Manche Gerichte setzen deshalb den Tagessatz bei Hartz-IV-Empfängern auf 10 Euro fest. Das Oberlandesgericht Braunschweig vertritt die Auffassung, dass dem Täter 70 % des Regelbedarfs als Existenzminimum zu verbleiben haben (Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 19.05.2014, Az. 1 Ss 18/14).

Die Ersatzfreiheitsstrafe: Ein Tag Gefängnis pro Tagessatz Geldstrafe

Die Bemessung der Geldstrafe in Tagessätzen hat den weiteren Vorteil, dass die Rechtsfolgen für den Fall, dass der verurteilte Täter die Geldstrafe nicht bezahlt, klar auf der Hand liegen und nicht erst einer Umwandlung der Strafe durch eine weitere gerichtliche Entscheidung bedürfen. Gemäß § 43 StGB entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe. Diese Ersatzfreiheitsstrafe tritt an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe.

Zahlungserleichterungen

Das heißt aber nicht, dass zu einer Geldstrafe verurteilte Straftäter mit finanziellen Problemen sofort das Gefängnis fürchten müssen. Ihnen kommt das Gesetz in § 42 StGB entgegen und räumt die Möglichkeit einer Zahlungserleichterung ein. Wenn dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, „die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen“. Bei Geldnot erhalten verurteilte Straftäter deshalb die Möglichkeit, ihre Geldstrafe in Raten zu bezahlen. Wichtig ist, dass sie ihre Zahlungsprobleme dem Gericht auch mitteilen, so dass es einen entsprechenden Zahlungsaufschub gewähren kann und nicht die Ersatzfreiheitsstrafe angetreten werden muss.

Gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe

Ferner kann unter Umständen statt der Ersatzfreiheitsstrafe eine gemeinnützige „freie Arbeit“ abgeleistet werden. Diese Möglichkeit wurde 1975 mit Art. 293 EGStGB (Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch) geschaffen und ist unter dem Slogan „Schwitzen statt Sitzen“ bekannt. Danach sind die Landesregierungen ermächtigt, „durch Rechtsverordnung Regelungen zu treffen, wonach die Vollstreckungsbehörde dem Verurteilten gestatten kann, die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe nach § 43 des Strafgesetzbuches durch freie Arbeit, abzuwenden“. Mit Ableistung der gemeinnützigen, unentgeltlichen Arbeit braucht der Verurteilte dann nicht mehr die ansonsten fällige Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten.

Ein solcher ersatzweiser Arbeitseinsatz kann in allen Bundesländern außer Bayern beantragt werden, wo ein Sonderweg über die „Bayerische Gnadenordnung“ gegangen wird.

Verurteilung zur Geldstrafe im Strafbefehl

Eine Geldstrafe kann übrigens auch im Wege des Strafbefehls gemäß § 407 StPO (Strafprozessordnung) verhängt werden. Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes schriftliches Verfahren, das bei Vergehen (d.h. Straftaten, deren Mindeststrafmaß weniger als ein Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe beträgt), angewandt werden kann. Dabei erfolgt die Verurteilung ohne mündliche Hauptverhandlung, sondern auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch den durch das zuständige Gericht ausgestellten schriftlichen Strafbefehl. Durch den Verzicht auf die Hauptverhandlung wird das Verfahren zum einen abgekürzt und vereinfacht Staatsanwaltschaft und Gericht die Arbeit, kommt zum anderen aber auch dem Beschuldigten entgegen, dem das Auftreten als Angeklagter in einer Gerichtsverhandlung erspart wird.

Nebenstrafe und Nebenfolgen

Neben der Geldstrafe und der Freiheitsstrafe als Hauptstrafen für begangene Straftaten kennt das Strafgesetzbuch das Fahrverbot als Nebenstrafe (§ 44 StGB) sowie Nebenfolgen der Verurteilung wie den Verlust der Amtsfähigkeit oder des aktiven und passiven Wahlrechts (§ 45 StGB), den Verfall dessen, was aus der rechtswidrigen Tat erlangt wurde (§ 73 StGB) sowie die Einziehung von Gegenständen, die durch die rechtswidrige Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (§ 74 StGB).

Wie viel Tagessätze Geldstrafe gibt es bei bestimmten Delikten?

Die individuelle Schuld des Täters ist die Richtschnur für die Anzahl der Tagessätze der Geldstrafe mit der der Täter bestraft wird. Hierbei spielt das Einkommen des Täters keinerlei Rolle. Die Zahl der Tagessätze der Geldstrafe bemisst sich also allein nach den Grundsätzen der Strafzumessung gemäß § 26 StGB. Aus der folgenden Tabelle können Sie entnehmen, was einem Täter im Fall seiner Verurteilung in etwa blüht. Bitte beachten Sie, dass es regionale Unterschiede gibt:

  • Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB: 10-40 Tagessätze Geldstrafe
  • Hausfriedensbruch, § 123 StGB: bis 15 Tagessätze Geldstrafe
  • Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB: (nach Schadenshöhe) 10-50 Tagessätze Geldstrafe
  • Beleidigungsdelikte, §§ 185 ff.StGB: 15-20 Tagessätze Geldstrafe
  • Körperverletzung, § 223 StGB: 30-60 Tagessätze Geldstrafe
  • Nötigung, § 240 StGB: 10-30 Tagessätze Geldstrafe
  • Diebstahl, § 242 StGB: (nach Wert des Entwendeten) 5-30 Tagessätze Geldstrafe
  • Unterschlagung, § 246 StGB: (geringwertiger Sachen) ab 5 Tagessätze Geldstrafe
  • Betrug, § 263 StGB: (geringwertiger Sachen) 5-20 Tagessätze Geldstrafe
  • Erschleichen von Leistungen, § 265a StGB: 5-20 Tagessätze Geldstrafe
  • Sachbeschädigung, § 303 StGB: (geringer Schaden) 5-20 Tagessätze Geldstrafe

Auch wer Hartz IV bezieht, kann zu einer Geldstrafe verurteilt werden.

Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen erscheint nicht im Führungszeugnis – oder?

Sofern in einem Strafverfahren Geldstrafe als Strafe in Betracht kommt, wird ein Anwalt für Strafrecht versuchen, dass der Angeklagte, den er vertritt „nur“ mit einer Geldstrafe von höchstens 90 Tagessätzen bestraft wird. Die Grenze von 90 Tagessätzen ist in Bezug auf das Führungszeugnis sehr wichtig. .

Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen werden nämlich nicht in das Führungszeugnis aufgenommen (von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen!). Gegenüber anderen als Justizbehörden gilt der Verurteilte als nicht vorbestraft, sofern nicht ein weiterer Eintrag im Bundeszentralregister hinzukommt oder zum Zeitpunkt der Erteilung des Führungszeugnisses bereits besteht.

Wichtig ist hier zwischen dem Bundeszentralregister und dem Führungszeugnis zu unterscheiden. In das Bundeszentralregister wird jede Strafe eingetragen, was aber im Führungszeugnis steht, ist dabei eine andere Frage.

Ausnahmen von der 90-Tagessatz-Regel

Oft liest man, dass Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen nicht im Führungszeugnis erscheinen. Diese pauschale Aussage ist so falsch. Hier seien zwei wichtige Ausnahmen genannt:

  • Sofern der Verurteilte wegen einer Straftat nach §§ 174 bis 180 oder 182 StGB (vgl. § 32, Abs. 1, Satz 2 BZRG) verurteilt wurde, gilt diese 90-Tagessatz-Regel nicht.
  • Außerdem wird eine Geldstrafe im Führungszeugnis erscheinen, wenn im Bundeszentralregister bereits eine andere Strafe eingetragen worden war.

Beispiel:

Der Verurteilte ist bereits in der Vergangenheit zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen verurteilt worden. Nun wird er wegen einer neuen Tat erneut zu einer Geldstrafe von 10 Tagen verurteilt. Beide Strafen werden jetzt im Führungszeugnis erscheinen (vgl. OLG Hamm, Az. III-1 VAs 62/12).

 Beispiele für Geldstrafe

  • Ein 22-Jähriger, der auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin uriniert hatte, wurde zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt.
  • Ein Ex-Polizist, der im Dienst eine Radfahrerin geschlagen und Luft aus den Reifen des Fahrrads gelassen hatte, wurde wegen Nötigung und Körper­verletzung im Amt zu einer Geldstrafe von 7.200 Euro verurteilt.
  • Wegen Beleidigung und versuchter Nötigung hat das Amtsgericht Bad Iburg im August 2017 einen 52-jährigen Dissener zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils 100 Euro verurteilt. Nach Überzeugung des Strafrichters hatte der Mann einen Verwaltungsbeamten der Gemeinde beschimpft und Schläge angedroht.
  • Weil er sein schwer krankes Pferd nicht einschläfern ließ, sondern dessen Leiden aus versicherungstechnischen Gründen verlängerte, wurde ein 70- jähriger Warsteiner vor dem Amtsgericht Warstein zu einer Geldstrafe in Höhe von 2700 Euro verurteilt.

Bei Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen muss Gericht die berufliche Zukunft des Angeklagten beachten

Hat das Gericht vor, einen Angeklagten zu mehr als 90 Tagessätzen zu verurteilen, dann muss es dabei auch die Auswirkung der Strafe auf die berufliche Zukunft des Angeklagten beachten. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einer aktuellen Entscheidung vom 20.12.2017 ausgeführt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Amtsgericht Gießen einen Studenten der Humanmedizin, der im 7. Semester studierte, zu einer Geldstrafe von 135 Tagessätzen verurteilt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main führte das zu aus:

„Die Verurteilung eines Angeklagten, der im 7. Semester studiert, zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen kann wegen § 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 Bundesärzteordnung erhebliche Auswirkungen auf die Beurteilung des Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs haben und sich auf die Chancen eines Bewerbers am Arbeitsmarkt auswirken. Deshalb müssen sich die Strafzumessungserwägungen eines Urteils mit diesen Auswirkungen auseinandersetzen“ (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.12.2017, Az. 1 Ss 174/17).

Quelle: DAWR/we/pt.3698

Ergänzung zum Unterricht:

§ 30 f. StGB: Lass sie uns töten – Versuch der Beteiligung

Im Gegensatz zu Vergehen ist es bei Verbrechen bereits im Vorfeld der Tat möglich, sich strafbar zu machen, indem man mit anderen zusammenwirkt. Dies ergibt sich aus § 30 f. StGB.

Im Grundsatz sind bloße Vorbereitungshandlungen straflos, solange sich der Täter noch nicht im Versuchsstadium befindet. Selbst dann ist jedoch meist ein Rücktritt vom Versuch möglich. Für Verbrechen macht § 30 StGB aber eine Ausnahme. Dort heißt es:

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Grundlagen

§ 30 StGB normiert eine Strafbarkeit für das bloße Planen einer Tat. Da im Regelfall nur die Straftat als solche geahndet werden kann, handelt es sich um eine besondere Ausnahme. [Murmann, § 28 Rn. 1 ff.]

Bei § 30 StGB handelt es sich um keinen eigenen Straftatbestand. Vielmehr wird die Strafbarkeit von Verbrechen vorverlagert. Der Strafgrund liegt in der Gefährlichkeit konspirativer Verbindungen, weil durch diese die Abstandnahme von der Tatausführung erschwert wird. Für manche Konstellationen dient auch der geistige Angriff auf das Recht als Begründung der Strafbarkeit. [Murmann, § 28 Rn. 6]

Durch die Weite der möglichen Vorverlagerung der Strafbarkeit durch § 30 StGB ist allerdings eine restriktive Auslegung geboten. [Murmann, § 28 Rn. 7]

Zu beachten ist, dass sämtliche Tatbestandsalternativen des § 30 StGB erst nach erfolgter (wenn auch abzulehnender) Prüfung von Vollendung oder Versuch geprüft werden können. [Murmann, § 28 Rn. 9]

Versuchte Anstiftung

Die Tatbestandsalternative der versuchten Anstiftung findet sich in § 30 Abs. 1 StGB. Erfasst sind die versuchte Anstiftung zur Begehung eines Verbrechens oder zu einer ebensolchen Anstiftung. Es handelt sich hierbei um eine erfolglose Anstiftung, da es an einer Haupttat fehlt. [Murmann, § 28 Rn. 10]

Die Prüfung des § 30 Abs. 1 StGB ist ähnlich aufzubauen, wie die übliche Versuchsprüfung. [Murmann, § 28 Rn. 11]

Subjektiver Tatbestand

Notwendig ist ein doppelter Anstiftervorsatz wie bei § 26 StGB. Da es sich um eine Versuchsstrafbarkeit handelt, ist auch die Vorstellung des Anstifters in Bezug auf den objektiven Tatbestand erheblich. [Murmann, § 28 Rn. 12]

Bezüglich der Bestimmungshandlung muss der Täter somit vorsätzlich handeln, wobei dolus eventualis genügt. Ebenso muss sich der Vorsatz auf die Haupttat beziehen. Bei dieser muss es sich nach Vorstellung des Anstifters um ein Verbrechen handeln. [Joecks, § 30 Rn. 7]

Umstritten sind jedoch die Fälle, in denen erst durch das Vorhandensein persönlicher Merkmale i.S.d. § 28 StGB ein Verbrechen gegeben ist. Die Rechtsprechung stellt hierbei darauf ab, ob die Tat für den geplanten Haupttäter ein Verbrechen gewesen wäre. Die h.L. stellt im Gegensatz hierzu darauf ab, ob die Voraussetzungen in der Person des Anstifters gegeben sind. [Joecks, § 30 Rn. 8]

Zuletzt muss sich der Vorsatz auf eine hinreichend konkretisierte Tat beziehen. Dies ist der Fall, wenn bereits eine erhöhte Gefährdung des Rechtsgutes vorliegt. [Murmann, § 28 Rn. 16]

Objektiver Tatbestand

Der Täter muss versucht haben, einen anderen zur Tat zu bestimmen. Dies ist auf jeden Fall gegeben, wenn tatsächlich Tatentschluss hervorgerufen wurde. [Murmann, § 28 Rn. 17]

Dies ist aber nicht konstitutiv. Es genügt grundsätzlich bereits ein Versuch der Bestimmung. Auf den Bestimmungsversuch sind daher die Regeln des § 22 StGB entsprechend anzuwenden. Der Täter muss somit nach seiner Vorstellung von der Tat zu deren Verwirklichung unmittelbar angesetzt haben. [Murmann, § 28 Rn. 18]

Diese Auslegung muss allerdings restriktiv interpretiert werden, um die Strafbarkeit nicht zu weit auszudehnen. Nach der Rechtsprechung genügt bereits das Aus-der-Hand-geben des Geschehens, ohne dass es auf den Zugang der Aufforderung ankommt. [Murmann, § 28 Rn. 19]

Teile der Literatur verlangen, dass der potentielle Täter von der Anstiftungshandlung zumindest Kenntnis erhalten könnte. [Murmann, § 28 Rn. 20]

Sonstige Vorbereitungshandlungen

In § 30 Abs. 2 StGB finden sich weitere Tatbestandsalternativen.

Sich-Bereiterklären

Hierzu muss eine Mitteilung an einen anderen vorliegen, dass sich der Täter zur Begehung eines Verbrechens bereit erklärt. Das Bereiterklären muss zudem ernsthaft sein und aus Sicht des Erklärenden den Charakter einer Zusage aufweisen. Außerdem muss er von einem Zugang ausgehen. [Murmann, § 28 Rn. 21 f.]

Annahme des Erbietens

Die Annahme des Erbietens ist das Einverständnis mit der Verbrechensbegehung. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn dadurch der Tatentschluss zumindest mithervorgerufen wird. Ist der Täter bereits fest entschlossen, liegt keine Annahme des Erbietens vor. [Joecks, § 30 Rn. 16]

Verbrechensverabredung

Es handelt sich hierbei um eine Einigung über die mittäterschaftliche Verbrechensbegehung oder Anstiftung diesbezüglich. [Joecks, § 30 Rn. 12]

Die Verabredung muss sich auf eine bestimmte Tat verdichten, welche allerdings nicht in sämtlichen Merkmalen in höchstem Maße konkretisiert ist. Nimmt einer der Verabredenden die Angelegenheit nicht ernst, kann auch keine Selbstbindung vorliegen. [Murmann, § 28 Rn. 26]

Rücktritt vom Versuch der Beteiligung

§ 31 StGB konstituiert den persönlichen Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch der Beteiligung. Dieser muss freiwillig und endgültig sein. In § 31 StGB heißt es:

(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig

den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, dass der andere die Tat begeht, abwendet, nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.

(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.

§ 31 StGB weist Ähnlichkeiten mit § 24 StGB auf und stellt dessen Ergänzung dar. [Joecks, § 31 Rn. 1 ff.]

Quellen

Joecks, Wolfgang: Strafgesetzbuch Studienkommentar, 10. Auflage 2012.

Murmann, Uwe: Grundkurs Strafrecht, 2. Auflage 2013.

Amtsgericht München, Beschluss vom 24.08.2018
– 527 F 12575/17 –

Morgen- oder Braut­gabe­versprechen bedarf nach deutschem Recht notarieller Beurkundung

Geschiedene Ehefrau hat keinen Anspruch auf Auszahlung der Mahr aus Schuldversprechen

Das bei Heirat in Deutschland gegebene Morgen- oder Braut­gabe­versprechen bedarf nach hier anwendbarem deutschen Recht notarieller Beurkundung. Dies entschied das Amtsgericht München und wies damit den Antrag einer geschiedenen Ehefrau auf Zahlung von 4.000 Euro aus einer bei der Heirat versprochenen Morgen- oder Brautgabe (auch mahir oder Mahr) ab.

Die Beteiligten des zugrunde liegenden Streitfalls heirateten Anfang 2016 standesamtlich in München. Die Antragstellerin war zu diesem Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige, der Antragsgegner türkischer Staatsangehöriger. Zwei Monate später heirateten die Beteiligten religiös nach sunnitischem Ritus. In diesem Zusammenhang wurde eine Mahr in Höhe von 4.000 Euro vereinbart und in dem von beiden Beteiligten unterschriebenen Trauschein niedergelegt. Nach der religiösen Trauung zogen die Beteiligten in eine gemeinsame Wohnung. Bereits wenige Monate nach der Begründung des gemeinsamen Hausstandes trennten sich die Beteiligten wieder. Die Antragstellerin zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Die  Ehe der Beteiligten wurde im Herbst 2017 geschieden.Antragstellerin verlang nach gescheiterter Ehe Zahlung der Mahr

Die Antragstellerin war der Ansicht, der Antragsgegner schulde die Mahr aus Schuldversprechen. Das verbindliche Versprechen einer Mahr sei zwingende Voraussetzung für eine wirksame religiöse Eheschließung, die beide Beteiligte gewollt hätten. Erst nach einer solchen religiösen Eheschließung sei nach den Vorstellungen im Kulturkreis der Beteiligten eine Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft möglich. Die Mahr sei dabei üblicherweise gestundet und erst im Falle des Scheiterns der  Ehe zu zahlen.Ehemann verweist auf notwendige fehlende notarielle Beglaubigung der Mahr

Der Antragsgegner war der Ansicht, die Mahr sei nicht wirksam vereinbart, da die  Ehe nicht durch einen ordnungsgemäß bestellten Geistlichen und nicht in der korrekten Form geschlossen, darüber hinaus trotz entsprechenden Erfordernisses nicht notariell beglaubigt und überdies durch Geld- und Goldgeschenke während der Hochzeit erfüllt worden sei. Der Antragsgegner erklärt, dass er die Braut- oder  Morgengabevereinbart habe, weil seine damalige Frau Wert auf eine religiöse Trauung und auf die Vereinbarung einer Braut- oder-Morgengabe gelegt hätte. Er habe damals nicht gewollt, dass eine Summe festgesetzt würde, seine Frau habe dies aber gewünscht, weil sie gesagt habe, es sei so üblich. Beide Beteiligten erklären übereinstimmend, dass sie sich über den Fall einer Scheidung keine ernsthaften Gedanken gemacht hätten.Schenkungsversprechen bedarf notarieller Beurkundung

Das Amtsgericht München gab dem geschiedenen Ehemann Recht. Ob die religiöse Eheschließung formwirksam gewesen sei, sei unerheblich. Weil es sich um eine im Hinblick auf die Eheschließung eingegangene Verpflichtung handele, unterfalle sie den allgemeinen Ehewirkungen und damit sowohl formal wie inhaltlich deutschem Recht, da die Beteiligten zum Zeitpunkt der Eheschließung keine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit aber beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten. Die Mahr sei auch als unabdingbare Voraussetzung der religiösen Trauung mit Rechtsbindungswillen vereinbart worden. Schenkungsvorschriften seien nicht direkt anwendbar, da die Vereinbarung nicht ohne Gegenleistung erfolgt sei. Die planwidrige Lücke hinsichtlich der vom deutschen Recht nicht vorgesehenen Mahr, bei der oft Summen versprochen würden, die existenzbedrohende Ausmaße annehmen können und die im türkischen Recht tatsächlich als  Schenkung behandelt werde, müsse hier aber durch analoge Anwendung des für Schenkungsversprechungen aus Warngründen bestehenden Formerfordernisses der notariellen Beurkundung gefüllt werden.Vereinbarung nicht wirksam

Diese Form sei im vorliegenden Fall nicht eingehalten, die Vereinbarung deshalb nicht wirksam. Damit komme es auf die Frage einer Anpassung des Mahirversprechens wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, die hier wegen der kurzen Ehezeit notwendig geworden wäre, nicht mehr an.